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when rest is not enough

Es ist Sommer.

Die Welt dreht sich ein bisschen langsamer, der Posteingang ist stiller und die Tage sind lang genug um sie voll auszukosten.
Viele von uns dürfen durchatmen – Urlaub, Leichtigkeit, ein paar Tage ohne Termine.

Aber was ist mit den Zeiten, in denen keine Pause möglich ist?
Oder wenn selbst eine Pause sich anfühlt wie ein Tropfen auf den heißen Stein?

Du ruhst dich aus und bist trotzdem erschöpft.
Du stoppst, aber dein Körper entspannt nicht.
Du willst dich erholen, aber da passiert … nichts.

Vielleicht bist du nicht nur müde.
Vielleicht ist dein Nervensystem im sogenannten Freeze.

WAS IST DER FREEZE-ZUSTAND?

Fight-or-Flight kennen viele – aber über Freeze wird dann doch noch nicht so viel gesprochen.

Wenn der Körper erstarrt - also im Freeze ist - will er dich nicht sabotieren, sondern schützen. Stillstand als letzter Schutzmechanismus: „Wenn wir nichts fühlen, kann auch nichts passieren.“

Besonders Menschen mit chronischem Stress oder emotionaler Überforderung erleben diesen Zustand. Oft, ohne ihn zu erkennen.

WIE SIEHT DER FREEZE-ZUSTAND AUS? WAS PASSIERT MIT DIR?

  • Emotionale Taubheit, innere Leere

  • Schwierigkeit, Entscheidungen zu treffen oder ins Handeln zu kommen

  • Gefühl, „nicht im eigenen Körper zu sein“

  • Überforderung durch einfache Aufgaben

  • Rückzug oder Vermeidung

  • Schwere Müdigkeit, die durch Schlaf nicht besser wird

  • Zeitgefühl verändert sich – alles wirkt langsam oder „eingefroren“

  • Flache Atmung oder das Gefühl, den Atem anzuhalten

  • Wunsch zu handeln – aber keine Kraft, es umzusetzen

Dabei können alle Punkte zutreffen oder auch nur einzelne - Freeze, also "eingefroren" äußert sich aber häufig in einem Zustand von innerer Überforderung.

WAS HILFT DEM NERVENSYSTEM?

Der Weg aus dem Freeze-Zustand ist kein „Durchhalten“ und kein „Sich zusammenreißen“. Es geht um sanftes zurückführen. Raus aus dem Kopf, rein in den Körper. 

Somatische & sensorische Impulse

  • Brustmassage
    Beruhigend, regulierend, stärkend. Die sanfte Berührung unterstützt den Vagusnerv und bringt dich zurück zu dir.

  • Haut streicheln oder bürsten
    Mit Öl, einem Tuch oder deinen Fingern – rhythmische Berührung aktiviert die Sinne und bringt Wärme ins System.

  • Gewichtsdecken oder Umarmung
    Leichter Druck vermittelt Sicherheit – ob durch eine Decke oder durch Umarmen der eigenen Schultern.

  • Orientieren im Raum
    Lasse deinen Blick langsam wandern. Was fühlt sich angenehm oder neutral an? Das hilft, im Moment anzukommen.

  • Humming & Klang
    Summen oder leises Tönen regulieren den Vagusnerv – ganz ohne Anstrengung.

  • Wiegen oder Schaukeln
    Sanftes Hin- und Herschaukeln beruhigt, weil es an frühe Geborgenheit erinnert.

Atem & Klang

Atemarbeit kann helfen, das Nervensystem zu regulieren – aber nicht immer ist sie direkt möglich.
Gerade wenn wir in einem sogenannten Freeze-Zustand sind, also körperlich oder emotional wie erstarrt, können klassische Atemübungen überfordern oder sogar zusätzlichen Stress auslösen.

In solchen Momenten hilft es, klein anzufangen. Zum Beispiel beim Ausatmen.
Statt dich auf kontrolliertes Ein- und Ausatmen zu konzentrieren, kannst du einfach beim Ausatmen einen Ton mitgeben – etwa ein hörbares Seufzen, Summen oder ein leises Hauchen. Wichtig ist, dass es sich für dich leicht und machbar anfühlt.

Es geht nicht darum, etwas perfekt zu machen.
Es geht darum, den ersten Zugang zurück zu deinem Körper wiederzufinden.

RITUALE FÜR DEN ALLTAG

Regulation geschieht nicht durch einen großen Schritt, sondern durch viele kleine.

  • Nach dem Duschen die Haut mit Öl einreiben, dabei sanft massieren

  • Tee mit beiden Händen langsam trinken

  • Barfuß auf der Erde, auf Holz, auf Gras stehen (Grounding)

  • Fünf Minuten Sonnenlicht auf dem Gesicht spüren

  • Eine Hand auf dein Herz legen und sagen: Ich bin sicher. Ich bin da.

ZUM SCHLUSS

Viele Menschen erkennen gar nicht, dass sie sich im Freeze-Zustand befinden.
Manchmal braucht es Zeit, bis wir überhaupt verstehen, was unser Körper uns sagen will. Und selbst wenn wir es wissen – Regulation ist kein gerader Weg. Phasen der Ruhe und der Überforderung wechseln sich ab.

Das ist vollkommen normal.

Mit den Impulsen aus diesem Artikel hast du nun einige sanfte Werkzeuge an der Hand, um dein Nervensystem Stück für Stück wieder ins Gleichgewicht zu bringen – in deinem eigenen Tempo, mit Achtsamkeit und Mitgefühl.